Als digitaler Nomade durchstarten? Wie einfach klappt das ortsunabhängige Arbeiten?

Wem würde es nicht gefallen: Den ganzen Tag am Strand verbringen, ab und an zur Abkühlung ins Meer springen – und ja, ganz nebenbei noch seinem Job nachgehen. Klingt gut, oder? Der Traum von „Arbeiten mit Urlaub verbinden“ spukt bekanntlich schon seit jeher in den Köpfen der arbeitenden Bevölkerung herum. Die zunehmende Digitalisierung brachte dann jedoch ganz neue Möglichkeiten hervor, wo und wie wir Menschen unseren Lebensunterhalt verdienen können. Inzwischen kann der neue Lebensstil der digitalen Nomaden eine enorm große Anhängerschaft weltweit verzeichnen – Anzahl stetig wachsend.

Aber ist es wirklich so einfach, sich von allen bisherigen Zwängen und Verpflichtungen loszusagen und als digitaler Nomade durchzustarten? Die vielen Vorteile locken sehr wohl, doch sollten auch gewisse Aspekte berücksichtigt werden, die zur Vorsicht mahnen. Und ins Digital Nomad-Lifestyle-Abenteuer sollten Sie auch wirklich erst starten, wenn Sie ausreichend Informationen eingeholt haben.

Hier lesen Sie das Wichtigste zu den Voraussetzungen, Vorteilen, Risiken und allem, was Sie sonst noch über das digitale Nomadentum wissen sollten.

Wer oder was ist eigentlich ein digitaler Nomade?

Die meisten haben den Begriff „Digitaler Nomade“ schon einmal gehört. Im Prinzip kann der Begriff zu den Wortneuschöpfungen gezählt werden. Der sich dahinter verbergende Lebens- und Arbeitsstil ist eben auch noch sehr jung. Im Zuge der Digitalisierung veränderte sich das gesamte moderne Arbeitsumfeld - und tut es noch. In vielen Jobs reichen daher heute schon ein Laptop und ein Smartphone aus, um der Arbeit nachgehen zu können. Daraus ergibt sich dann die heißbegehrte Ortsunabhängigkeit. Sie ermöglicht die Freiheit, von jedem Wunschort aus zu arbeiten und ebnet den Weg zum Digital Nomad-Lifestyle.

Ok, ein stabiler Internetzugang zählt oft auch noch zu den ortsbezogenen Grundvoraussetzungen, um effektiv arbeiten zu können. Da ein Internetzugang und frei zugängliche Hotspots aber in vielen Ländern jedoch mittlerweile flächendeckend zur Verfügung stehen, stellt dieses Erfordernis oft kein Hindernis mehr dar.

Noch ein Punkt: „Remote Work“, also die flexible Arbeit, hat sich bekanntermaßen mittlerweile zu einem allseits akzeptierten Arbeitsmodell entwickelt. Somit können sogar Berufstätige in Festanstellung bei einem Unternehmen relativ einfach als digitale Nomaden leben - mal abgesehen von den oft ziemlich komplexen sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Fragen, die dabei entstehen können. Ein Großteil der Menschen aber, die diesen Lebens- und Arbeitsstil verkörpern, zählen sich zu den Entrepreneurs, Selbstständigen oder Freelancern und Freelancerinnen. Diese Berufsgruppen sind grundsätzlich eher flexibel aufgestellt, was also die besten Voraussetzungen für ein digitales Nomadenleben bietet.

Digitale Nomaden versus Work-and-Travel: Wo liegt der Unterschied?

Beim „Work-and-Travel“ reisen meist noch sehr junge Menschen um die Welt und finanzieren sich ihren Aufenthalt über einfache Gelegenheitsjobs wie Kellnern oder Erntehilfe. Nach ihrer Reise kehren sie dann wieder an ihren festen Wohnsitz zurück. Ein digitaler Nomade dagegen hat einen festen Job, übernimmt also nicht nur Gelegenheitsjobs. Er hat zudem keinen festen Wohnsitz mehr in der Heimat. Digitale Nomaden arbeiten digital und "zelebrieren" dieses Modell über längere Zeit hinweg.

Die Arbeit im Homeoffice am Laptop ist heute bereits gang und gäbe. Das noch sehr junge Modell des digitalen Nomadentums klingt dagegen für viele noch sehr exotisch. Das herkömmliche „Remote Work“ erreicht dadurch auch eine ganz neue Ebene, denn es wird seiner Tätigkeit nicht mehr von Zuhause oder vom festen Wohnsitz aus nachgegangen, sondern von überall auf der Welt.

 

Soweit, so gut: Klingt natürlich alles hervorragend, trotzdem gibt es etliche Besonderheiten, die bei der Entscheidung für das digitale Nomadenleben noch beachtet werden sollten. Sorry, denn jetzt kommt das ABER...

Voraussetzungen, um moderner Nomade zu werden? Da gibt's so einige!

Neben der bereits angesprochenen Grundvoraussetzung einer Internetverbindung am jeweiligen Arbeitsort, sind auch noch weitere Voraussetzungen zu beachten, um aus Ihnen einen erfolgreichen digitalen Nomaden zu machen. Nicht nur physische Gegebenheiten gehören dazu, sondern auch Soft Skills und Charaktereigenschaften.

Ohne geht's nicht: Der geeignete Job für digitale Nomaden

Um überhaupt erfolgreich als digitaler Nomade arbeiten und leben zu können, brauchen Sie die richtige Ausbildung beziehungsweise den richtigen Job dazu. Denn nicht jeder Job bietet ausreichend Freiheit für das digitale Nomaden-Dasein. Beispielsweise gibt es einfach viele Tätigkeiten, die nach wie vor ortsabhängig sind, was sich auch nie wirklich ändern wird. Hierzu zählen Berufe wie Klinikarzt, Krankenschwester, Kinderpflegerin, Hebamme, Bauarbeiter, Lokführer und so weiter.

Für ein Leben als digitaler Nomade dagegen müssen Sie einem Beruf nachgehen, der wirklich komplett ortsunabhängig ist – und das jeden Tag. Etliche Berufe eignen sich ganz toll dafür, etwa:

  • Softwareentwickler oder Programmierer: Entwickeln eigener Apps oder Ausführen von Auftragsarbeiten für Kunden auf eigene Rechnung oder für Unternehmen
  • Blogger: Berufliches Führen eines Reiseblogs über den Aufenthalt im Ausland oder Erstellen von Videos für Social Media
  • Texter oder Übersetzer: Erstellen von Inhalten für Websites oder Printmedien, Übersetzen von Texten für Unternehmen
  • Online Marketing Manager: Anpassung digitaler Inhalte, SEO, Google-Ads-Kampagnen, E-Mail-Marketing, Newsletter, Bespielung der Social Media-Kanäle
  • Datenanalysten: Arbeiten mit digitalen Daten und Datenbanken
  • Designer: Erstellen von Logos, Prototypen, grafische Kommunikationsmittel
  • Coaching und Tutoring: Personal Coaching, Abhalten von ortsunabhängigen Online-Seminaren

Persönliche Eignung: Das Arbeiten als digitaler Nomade muss man mögen

Viele digitale Nomaden zählen sich zu den Freiberuflern oder Selbständigen. Zur Wahl dieses Berufsmodells gehört prinzipiell bereits eine gewisse Einstellung und eine ausgeprägte Risikobereitschaft. Aber auch, wenn Sie noch zu dem verhältnismäßig geringen Anteil der fest bei einem Unternehmen Angestellten unter den digitalen Nomaden gehören, dann sollten Sie für Ihren beruflichen Traum im Ausland mitunter folgendes sein:

 

  • Flexibel: Fähigkeit, sich auf neue Gegebenheiten an unterschiedlichen Orten einzustellen
  • Weltoffen: Positiv eingestellt gegenüber anderen Kulturen und Menschen aus anderen Ländern, interessiert an fremden Bräuchen und Gewohnheiten
  • Anpassungsfähig: Bereitschaft zu bester beruflicher Leistung bei minimierter Ausstattung des Arbeitsplatzes
  • Selbstorganisiert: Fähigkeit, den Arbeitsalltag selbstständig gut zu strukturieren
  • Diszipliniert: Gewissenhaftes Arbeiten bei viel Ablenkung im Ausland
  • Lösungsorientiert: Durchhaltevermögen, auch wenn Schwierigkeiten auftreten
  • Risikobereit: Willen, sich auf etwas neues einzulassen und Mut, den oft mühsamen Start zu meistern
  • Selbstbewusst: Seine Entscheidungen vertreten und sich diese Freiheit erkämpfen können

Obwohl laut Statistiken der Großteil der digitalen Nomaden über einen höheren Bildungsabschluss verfügt, ist ein Studienabschluss nicht zwingend erforderlich. Im Prinzip müssen Sie einen Weg finden, über das Internet genug Geld für Ihren Lebensunterhalt zu verdienen. So können Sie unabhängig von Ihrer Ausbildung überall auf der Welt Ihren Arbeitsplatz einrichten. Und wie bereits erörtert, ist nicht alleine das fachliche Wissen ausschlaggebend, um als digitaler Nomade Erfolg zu haben. Auch die innere Einstellung und gewisse Charakterzüge tragen ganz maßgeblich zum Erfolg bei.

Ohne Moos nix los: Die finanzielle Basis zum Start ins Nomaden-Dasein

Nicht zu vergessen: Auch eine gewisse finanzielle Grundlage sollten Sie Ihr Eigen nennen können, bevor Sie sich ins Abenteuer des digitalen Nomadentums stürzen. Vor allem, wenn Sie als Freiberufler oder Selbstständiger unterwegs sind, ist das Vorhandensein eines finanziellen Polsters nicht nur beruhigend, sondern auch sehr vernünftig. Denn auch, wenn Sie Ihren langjährigen Kundenstamm sozusagen „mit“ ins Ausland nehmen, müssen Sie immer damit rechnen, dass die Auftragslage einmal nicht so gut ist, Kunden abspringen und Sie von dort aus wieder Neukundenakquise starten müssen. Zudem möchten Sie sich natürlich auch die Orte anschauen, die Sie bereisen und sich in Ihrer Freizeit etwas gönnen. Sie werden also wahrscheinlich höhere Lebenshaltungskosten haben wie an ihrem festen Wohnsitz.

Und nicht zuletzt verringern sich - oder verlieren Sie unter Umständen ganz - Ihre Ansprüche auf gewisse finanzielle Absicherungen, die Sie mit einem festen Wohnsitz in Deutschland hätten.

Steuern und Versicherungen? Ganz ohne geht's auch nicht für Digitale Nomaden, sorry!

Themen wie Steuern und Versicherungen werden hinsichtlich des digitalen Nomadentums immer wieder heiß diskutiert. Auch einige Unwahrheiten verbreiten sich gerne wiederholt. Wie steht es nun also um Steuerpflicht und Versicherungsschutz?

Pflicht zur Zahlung von Steuern beim Arbeiten im Ausland

Gar nicht so einfach: Um sich von der Steuerpflicht im Heimatland loszusagen, bringt alleiniges Abmelden bei Finanzamt natürlich nichts. Damit Sie wirklich nicht mehr in Deutschland steuerpflichtig sind, müssen Sie komplett alle Verbindungen kappen. Sie stehen in der Nachweispflicht beim Finanzamt, dass Sie Ihren Lebensmittelpunkt tatsächlich ins Ausland verlegt haben. Dazu gehört beispielsweise, dass Sie Ihre Wohnung kündigen, Ihre Fahrzeuge abmelden und auch Ihre bestehenden Mitgliedschaften und Verträge im Heimatland auflösen.

Gänzlich steuerfrei leben ist trotzdem so gut wie unmöglich, obwohl es einige Länder gibt, in denen keine Einkommenssteuer veranschlagt wird. Denn: Sie sind mit ihrem Welteinkommen grundsätzlich dort steuerpflichtig, wo Ihr Lebensmittelpunkt ist. Es steht Ihnen aber frei, Ihren Lebensmittelpunkt in ein Land zu verlegen, welches steuerlich günstig für Sie erscheint. Das heißt dann aber auch, dass Sie dort wirklich nachweislich Ihren Lebensmittelpunkt haben müssen.

Auch die gern herangezogene 183-Tage-Regel wird oft nicht korrekt ausgelegt. Sie besagt zwar, dass Sie auf jeden Fall in einem Land steuerpflichtig werden, wenn Sie sich mehr als 183 Tage dort aufhalten. Sie heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass Sie bei einem kürzeren Aufenthalt von beispielsweise 50 Tagen NICHT steuerpflichtig werden. Wie gesagt: Was zählt ist, an welchem Ort sich das Zentrum Ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Interessen befindet.

Versicherungsschutz für digitale Nomaden

Natürlich gilt auch: Digitale Nomaden müssen sollten sich (zumindest basismäßig) versicherungstechnisch absichern – zum einen privat, zum anderen beruflich. Zu den obligatorischen Versicherungen, die einfach jeder Mensch überall auf der Welt haben sollte, gehören:

Selbstständige brauchen außerdem eine:

Sie sollten also gründlich prüfen, ob Ihre abgeschlossenen Versicherungen auch im Ausland gelten und die eigenen Ansprüche ausreichend abdecken.

Risiken des Nomadentums

Ein Hauptmerkmal des digitalen Nomadentums ist also das Reisen ohne dauerhaften beziehungsweise festen Wohnsitz. Was auf den ersten – oftmals romantisch verklärten – Blick für viele genau den Reiz ausmacht, kann aber in der Praxis bereits das erste große Risiko darstellen. Denn die ständigen Ortswechsel, kein Kontakt zu festen Bezugspersonen und ein Gefühl der Einsamkeit und Verlassenheit macht diesen Aspekt auf Dauer ziemlich anstrengend.
Immer wieder nach einer funktionierenden Internetverbindung suchen zu müssen, sich als Freelancer neue Aufträge zu erkämpfen um Rechnungen zu begleichen, auf Sprachbarrieren zu treffen – das sind nur einige weitere Punkte auf einer langen Liste an Problemen und Stressfaktoren, mit denen sich digitale Nomaden tagtäglich auseinandersetzen müssen.
Gerade für Selbständige bestehen diverse, teils stark belastende Risiken wie:

 

  • Kein festes Einkommen: Selbstständige kämpfen oft mit schwankender Auftragslage, Abhängigkeit von wirtschaftlicher Situation, Jahreszeit und vielen anderen Faktoren
  • Kein bezahlter Urlaub: Das Leben und Arbeiten von digitalen Nomaden entspricht eben nicht dauerhaften Ferien, sondern oft harter Arbeit
  • Eigenes unternehmerisches Risiko tragen: Datenverluste durch Diebstahl des Laptops, Nichteinhalten von Deadlines, weil keine Internetverbindung möglich war und so weiter
  • Erkranken im Ausland: Bedeutet Einkommensausfall, Bedarf an entsprechendem Versicherungsschutz, um überhaupt medizinische Hilfe in Anspruch nehmen zu können

Auch für die Angestellten unter den digitalen Nomaden bergen gewisse „allgemeine“ Herausforderungen auch das Risiko, an die eigene physische und/oder psychische Belastungsgrenze zu stoßen. Hierzu zählen:

  • Beanspruchender Lebensstil und ständiger Wechsel des Wohnsitzes
  • Unter Umständen nachteiliges Einkommen
  • Größerer Aufwand bei Planung und Organisation
  • Höheres Risiko für Misserfolge
  • Neid und Missverständnisse seitens anderer Menschen
  • Unerwartete Herausforderungen im Ausland
  • Sorgen um eigene soziale Absicherung und Altersversorgung
  • Gefühl der Einsamkeit und Isolation im Ausland
     

Fazit zu Arbeit und Leben als digitaler Nomade

Nach getaner Arbeit den Sonnenuntergang mit Blick aufs Meer genießen, dabei den Feierabend-Cocktail in der Hand: Wer stellt sich das nicht wunderbar vor? Doch so einfach und widerstandsfrei gelingt der Weg ins digitale Nomadentum nicht oft. Wenn es das eigene Ziel widerspiegelt und die eigenen Bedürfnisse erfüllen kann, dann sollte man kein Risiko auf seinem Weg zum Glück scheuen. Doch eine gründliche Information über alle wichtigen Gegebenheiten und eine gründliche Planung sollten aber unbedingt bedacht werden. Dann steht Ihrem Abenteuer in der Ferne nichts mehr im Wege.