Plötzlich kann man nicht mehr arbeiten: Wissenswertes zur Erwerbsminderung

Ein schwerer Unfall oder eine chronische Krankheit verändern das ganze Leben der Betroffenen – egal ob jung oder alt. Neben allen Fragen zu Behandlungsabläufen und Reha-Möglichkeiten spielt auch die weitere Finanzierung des bisherigen Lebensstandards eine wichtige Rolle.

  • Kann ich wieder arbeiten?
  • Wenn ja, ab wann und wie viele Stunden am Tag?
  • Welche Kosten kann ich damit decken?

Fragen wie diese beschäftigen Betroffene und wirken sich im Zweifelsfall negativ auf den Genesungsprozess aus. 

Wer aufgrund eines Unfalls oder einer schweren Krankheit weniger als drei Stunden am Tag irgendeiner Arbeit nachgehen kann, kann eine Erwerbsminderungsrente (EMR) erhalten. Um diese gesetzliche Leistung zu erhalten, müssen Betroffene jedoch bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllen.

Wir verraten Ihnen, wann und in welcher Höhe Sie Anspruch Sie auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente haben. Zudem verraten wir, welche zusätzliche private Absicherung (vor allem für junge Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen) bei eingeschränkter Erwerbsfähigkeit sinnvoll sein können.

First things first: Was ist die Erwerbsminderungsrente?

Beginnen wir ganz einfach: Eine Erwerbsminderungsrente soll Menschen finanziell helfen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr voll erwerbsfähig sind. Durch die gesetzliche Unterstützung soll sich eine Erwerbsunfähigkeit durch dauerhafte Krankheit oder Behinderung – und vor allem die damit verbundenen finanziellen Einbußen – besser abfedern lassen. Für gesetzlich Versicherte gibt es hierzulande in der Regel zwei Formen der Erwerbsminderungsrente: Die Leistung bei voller bzw. bei teilweiser Erwerbsminderung.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Für die Auszahlung einer Erwerbsminderungsrente, egal ob teilweise oder voll, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Generell gilt: Der Grund für die Erwerbsunfähigkeit muss entweder eine Krankheit oder eine Behinderung sein. Zusätzlich wird aus medizinischer Sicht beurteilt, ob und in welchem Umfang Sie trotz Ihrer Erwerbsminderung weiterhin arbeiten oder einen Arbeitsplatz finden können.  Die Erwerbsminderungsrente wird Ihnen dann zunächst für maximal drei Jahre befristet gewährt (Zeitrenten). Sollte die Erwerbsminderung weiterhin bestehen, ist eine Verlängerung möglich. Eine Rente auf Dauer gibt es nur, wenn aus ärztlicher Sicht eine Besserung des Gesundheitszustandes absolut unwahrscheinlich ist. Die Deutsche Rentenversicherung, die die Anträge auf Erwerbsminderungsrente verwaltet, arbeitet dabei außerdem nach dem Grundsatz "Reha vor Rente". Das heißt: Der Rentenversicherer prüft, ob sich Ihre Erwerbsfähigkeit durch Rehabilitation verbessern lässt.

Schnell beantragen - Egal, ob volle oder teilweise Erwerbsminderung

Zudem wird geprüft, wieviel der oder die betroffene Arbeitnehmende noch arbeiten könnte. Auf dieser Grundlage wird entschieden, ob Sie Anspruch auf eine volle, eine teilweise oder gar keine Erwerbsminderungsrente haben.

Für unbefristete Renten gilt dann: Wenn Sie den Rentenantrag innerhalb der ersten drei Monate nach Eintritt der Erwerbsminderung stellen, beginnt Ihre Rente ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Eintritt Ihrer Erwerbsminderung folgt. Stellen Sie den Antrag später, wird die Rente erst ab dem Beginn des Antragsmonats gezahlt.

Eine befristete Rente beginnt in der Regel frühestens mit dem siebten Kalendermonat der sogenannten Wartezeit – nach Eintritt der Erwerbsminderung. Es reicht aus, wenn Sie die Rente bis zum Ende dieses siebten Kalendermonats beantragen. Erfolgt der Antrag später, wird sie erst ab dem Beginn des Antragsmonats gezahlt. Sollte die Feststellung der vollen Erwerbsminderung allerdings dazu führen, dass Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Krankentagegeld endet, kann Ihre Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits vor dem siebten Kalendermonat nach Eintritt der Erwerbsminderung beginnen.

Die Deutsche Rentenversicherung rät dazu, den Antrag für die Erwerbsminderungsrente innerhalb von drei Monaten nach Auftreten der Krankheit zu stellen. Die Bearbeitung des Antrags kann nämlich ein wenig Zeit in Anspruch nehmen.

Wenn buchstäblich „nichts mehr geht“: Volle Erwerbsminderungsrente

Die volle Erwerbsminderungsrente greift nur dann, wenn Sie nach ärztlicher Prüfung weniger als drei Stunden täglich arbeiten können. Doch es gibt noch mehr Bedingungen für diese Art der finanziellen Unterstützung:

  • Regelaltersgrenze: Eine wichtige Voraussetzung ist die sogenannte Regelaltersgrenze, die Sie noch nicht erreicht haben dürfen – also das Alter, ab dem man die gesetzliche Rente (Altersrente) erhalten würde.
  • Rentenversicherung: Betroffene müssen mindestens fünf Jahre lang in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen sein, bevor die Erwerbsminderung eingetreten ist.
  • Pflichtbeiträge: In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen Sie mindestens drei Jahre mit eingezahlten Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegen können. Dazu zählen auch Kindererziehungs- und Pflegezeiten sowie freiwillige Beiträge. 

Die Höhe der Unterstützung bei voller Erwerbsminderung ist abhängig vom bisher erworbenen Rentenanspruch. Sie errechnet sich aus persönlichen Entgeltpunkten des Versicherten, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert.

Arbeiten trotz voller Erwerbsminderung? Das sind die Voraussetzungen!

Sie bekommen die volle Erwerbsminderungsrente und möchten trotzdem im Rahmen Ihrer Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt bleiben? Das können Sie. Aber: Beachten Sie unbedingt, dass Sie nicht mehr als drei Stunden täglich (bei teilweiser Erwerbsminderung sechs Stunden) arbeiten und die feststehende Hinzuverdienstgrenze keinesfalls überschreiten dürfen! Aktuell hat diese eine Höhe von etwas mehr als 18.500 Euro pro Kalenderjahr (Stand 2024). Alle darüber liegenden Verdienste werden zu 40 Prozent von der Rente abgezogen.

Achtung: Zusätzlich zum festgelegten Verdienstlimit gibt es für Erwerbsminderungsrentner und -rentnerinnen einen persönlichen Hinzuverdienstdeckel. Dabei wird geprüft, wie viel Sie in den letzten 15 Jahren vor der Erwerbsminderung verdient haben. Wenn die Erwerbsminderungsrente zusammen mit dem Hinzuverdienst höher ist als das höchste Einkommen in diesen 15 Jahren, wird die Rente um den überschüssigen Betrag gekürzt. Für die Bestimmung der Höhe dieser Verdienstgrenzen zählt übrigens nicht nur der Arbeitslohn. Auch Sozialleistungen und Vergütungen für ehrenamtliche Tätigkeiten werden mitgerechnet.

Bitte nicht vergessen: Achten Sie unbedingt darauf, den Nebenerwerb anzugeben – bei Versäumnis droht eine strafrechtliche Verfolgung.

Das ist neu: Seit 2023 werden die Hinzuverdienstgrenzen nicht mehr jedes Jahr festgelegt, sondern sind an die allgemeine Lohnentwicklung gekoppelt. Das bedeutet, sie passen sich dynamisch an. Wenn die durchschnittlichen Löhne der Angestellten in Deutschland steigen, dürfen auch Erwerbsminderungsrentner und -rentnerinnen mehr hinzuverdienen.

Mehr zur Erwerbsminderungsrente:

Sie haben Fragen zur Rente oder möchten sich über Unterstützungen im Krankheitsfall informieren? Unter der kostenlosen Service-Nummer der Deutschen Rentenversicherung 0800 1000 4800 können Sie Ihre Fragen stellen – und bekommen meist auch schnell entsprechende Antworten.

Online-Rechner Berufsunfähigkeits­versicherung

Fast erwerbsunfähig – aber doch nicht ganz: Teilweise Erwerbsminderungsrente

Wenn Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin weniger als sechs, aber mehr als drei Stunden am Tag einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können, haben Sie Anspruch auf eine teilweise Erwerbsminderungsrente. Zum Erhalt müssen Sie:

  • festgelegte Versicherungsjahre,
  • medizinische Gutachten zum Gesundheitszustand, 
  • das noch nicht erreichte Rentenalter und
  • Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung

nachweisen.

Aktiv bleiben: Arbeiten trotz teilweiser Erwerbsminderung

Auch im Falle von teilweiser Erwerbsminderung ist ein Hinzuverdienst möglich, der bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente immer individuell berechnet wird. Dieser orientiert sich laut Deutscher Rentenversicherung an dem höchsten beitragspflichtigen Jahreseinkommen der letzten 15 Jahre. Aktuell liegt er für 2024 bei 37.117,50 Euro jährlich.

Mit dieser Einkommensgrenze wird der Hinzuverdienst verglichen. Liegt er darüber, wird der darüber liegende Betrag durch zwölf geteilt. Davon werden 40 Prozent auf die Rente angerechnet.

Wie können sich junge Menschen absichern?

Aufgrund der strengen allgemeinen Bestimmungen und der festgelegten Beitragszeiten, haben vor allem junge Beschäftigte bei der Erwerbsminderungsrente oft das Nachsehen. Denn können sie wegen einer Erkrankung oder nach einem Unfall nicht mehr beruflich tätig sein und sind erwerbsgemindert, ist die staatliche Absicherung oft viel zu gering, um den bisherigen Lebensstandard beibehalten zu können.

Aber: Das ist glücklicherweise noch kein Grund den Kopf hängen zu lassen. Denn das Zauberwort für alle, die bei der Erwerbsminderungsrente das Nachsehen haben (würden), heißt Berufsunfähigkeitsversicherung (BU).

Die Beiträge für eine Berufsunfähigkeitsversicherung errechnen sich nicht nur aus

  • der Erwerbstätigkeit und
  • der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente,

sondern unter anderem auch aus

  • dem Alter des oder der Versicherten und
  • dessen Krankengeschichte.

Junge Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind hier klar im Vorteil und das Klischee „jung und gesund“ kann dank niedriger Monatsbeiträge und einem umfassenden Versicherungsschutz im Falle einer Berufsunfähigkeit sinnvoll genutzt werden. Wer beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung keine relevanten Vorerkrankungen hat und nicht raucht, zahlt in der Regel niedrigere Beiträge.

Die Bayerische Experten-Tipp:

Wenn Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Bayerischen inklusive dem Zusatzbaustein AU-Schutz abgeschlossen haben, erhalten Sie auch schon bei einer Arbeitsunfähigkeit von mindestens sechs Monaten eine Leistung.

Noch in der Ausbildung oder im Studium?

Umso besser: BU-Absicherungen für Schüler, Studenten und Azubis bieten besonders günstige Beiträge an. Informieren Sie sich – wahlweise auch bei uns unter: