Ratgeber
Bei welcher Temperatur gibt es Hitzefrei?
In allen 16 Bundesländern gelten andere Regelungen für Hitzefrei. Bei welcher heißen Temperatur es an Ihrer Schule "raus aus dem Unterricht" heißt, zeigen wir.
Hitzefrei: Wann dürfen Schüler nach Hause gehen?
Wenn die sommerlichen Temperaturen schon auf dem Weg in die Schule kräftig nach oben schießen und bereits vor Schulbeginn der Schweiß förmlich von der Stirn fließt, dann ist das berühmt-berüchtigte „Hitzefrei“ direkt ein großes Thema. Einheitliche Regelungen gibt’s dazu aber in Deutschland nicht. Stattdessen entscheidet jedes Bundesland – und häufig sogar jeder Schulleiter (oder natürlich Schulleiterin) – für sich.
Wir geben darum einen Überblick, was wo gilt – damit in Zukunft nur noch die Hitze, aber nicht mehr die "Jagd" nach der passenden Hitzefrei-Info, anstrengend ist.
Der Sommer ist für Schüler prinzipiell eine grandiose Sache. Wenig Klamotten, dafür aber viel Freibad. Die Sonne scheint und eigentlich besteht der Tag nur aus Grillen und Badesee – wenn da nur nicht die Schule wäre.
Bei 30 Grad Celsius im Schatten fallen dem einen oder anderen wohl dann doch einige Sachen ein, die man lieber machen würde als eine Doppelstunde Physik am Donnerstagmittag. Die Motivation fällt ins (ausgetrocknete) Bodenlose – und auch die brütende Hitze hilft nicht wirklich dabei, sich auf den Unterricht zu konzentrieren.
Kein Wunder, denn in einer amerikanischen Studie aus dem Jahr 2016 wurde das Lernen in klimatisierten und nicht klimatisierten Räumen untersucht. 44 Schüler und Studenten, die in Wohnheimen aus verschiedenen Baujahren lebten, nahmen daran teil. Je nach Alter der Gebäude gab es Klimaanlagen, Ventilatoren & Co. – oder eben nicht. Die Wissenschaftler maßen die Raumtemperatur, die Geräuschpegel, die körperliche Aktivität und das Schlafverhalten der jungen Teilnehmer.
Wenig überraschend: Die Aufzeichnungen während des Sommers zeigten, dass die Schüler schlechter in kognitiven Tests abschnitten, wenn sie in nicht klimatisierten Räumen lebten. Dagegen reagierten die Teilnehmer in klimatisierten Räumen genauer und schneller.
Ob für Eisdielenbetreiber, Schüler, Eltern oder Lehrkräfte: Wir entknoten das Regelungs-Wirrwarr rund um das deutsche Hitzefrei und zeigen, was in welchem Bundesland gilt.
(Fast) jedes Bundesland macht bei Hitzefrei sein eigenes Ding
Nachdem wir die Bayerische sind, starten wir gleich mal hier: Im Freistaat gibt’s nämlich gar keine landesweiten und einheitlichen gesetzlichen Regelungen für die Schulen. Vielmehr muss die jeweilige Schulleitung dafür sorgen, dass die eigenen Schülerinnen und Schüler gut und sicher nach Hause kommen – und entscheidet daher grundsätzlich erstmal selbst und völlig individuell.
Hitzefrei in Baden-Württemberg: Ab 25 Grad gibt´s für manche eine Empfehlung
Nach Hause geht es hier erst ab der 4. Stunde. Die gymnasiale Oberstufe und Berufsschüler müssen allerdings weiter im Klassenzimmer "braten", da setzt das Land einen klaren Schwerpunkt. Das Ministerium empfiehlt den Schulen – und damit deren Chefs – Hitzefrei ab 25 Grad im Schatten zu geben.
Hitzefrei in Bremen: Hoffnung ab 25 Grad (zumindest für einige Schüler)
Auch an der Weser wird Hitzefrei ab einer Temperatur von 25 Grad durch das zuständige Kultusministerium empfohlen. Es gibt zudem ganz klare Anforderungen: So soll die Temperatur in einem Raum gemessen werden, „der nicht der unmittelbaren Sonnenbestrahlung ausgesetzt ist und möglichst die Durchschnittstemperatur im Gebäude aufweist".
Die Klassen 1 bis 4 dürfen zum "(…) Ende derjenigen Unterrichtsstunde, in deren Verlauf im Schulgebäude eine Temperatur von mindestens 25 Grad Celsius festgestellt wurde (…)" nach Hause gehen, die Fünft- bis Zehntklässler erst ab der Stunde darauf.
Oberstufenschüler müssen dagegen bleiben. Pech gehabt.
Ein Klassenausflug steht an?
Was es rund um eine sichere Klassenfahrt zu beachten gibt, lesen Sie in unserem Wandertag-Ratgeber.
Heißer Sommer in Berlin: Schwimmunterricht mit Ausnahme
Ausfallende Stunden an heißen Tagen sind offensichtlich nicht so das Ding der Berliner Schulbehörden. Denn meist gibt es kein Hitzefrei, dafür aber manchmal einfach kürzere Stunden. Kleiner Bonus: Schwimmunterricht in der Grundschule muss stattfinden. An einem richtig heißen Sommertag gibt es aber definitiv Schlimmeres, oder?
Brandenburg: Erwartungshaltung ab 12 Uhr
Hitzefrei gibt es hier, wenn um zehn Uhr eine Außentemperatur von mindestens 25 Grad im Schatten gemessen wird – oder um elf Uhr 25 Grad in einem „repräsentativen“ Raum der Schule. Hoffentlich ist der nicht im Keller!
Der Unterricht soll dann jedenfalls spätestens um zwölf Uhr enden. Schüler der Oberstufe haben leider aber auch hier mal wieder Pech gehabt. Sie dürfen auch bei sommerlichen Höchsttemperaturen die Freuden des Bildungssystems in vollen Zügen genießen.
Hitzefrei in Hamburg – kann tatsächlich vorkommen!
Ab einer Außentemperatur von 27 Grad und einer Innentemperatur, die "nicht mehr zumutbar" erscheint, gibt’s bei den Hanseaten frei. Vor 11.30 Uhr geht aber niemand an die Außenalster, so die Vorgabe.
Alternativer Unterricht in Hessen
Das hessische Kultusministerium setzt bei „hohen Temperaturen“ eher auf alternative Unterrichtsformen. Da müssen die Schulen kreativ sein – allerdings auch hier erst nach der fünften Stunde. Denn dann muss die Schule allen Schülerinnen und Schülern, die nicht vorzeitig nach Hause gehen können, "(…) geeignete Beschäftigungs-, Betreuungs- oder Aufenthaltsmöglichkeiten bis zum Ende der regulären Unterrichtszeit (…)" anbieten.
Die Regelung gilt allerdings auch hier mal wieder nicht für die Oberstufe. Für die heißt es stattdessen: Weiterschwitzen und durchhalten!
Mecklenburg-Vorpommern: Oberstufe aufgepasst!
Laut landeseigenem Kultusministerium sollen auch im spärlich besiedelten Bundesland an der Ostseeküste statt Hitzefrei lieber Alternativen zum räumlichen Klassenunterricht gefunden werden. Zudem können Stunden verkürzt werden – und wenn wirklich nichts mehr geht, kann der Unterricht schließlich doch nach der vierten Stunde beendet werden. Grundsätzlich gibt es Hitzefrei und Alternativunterreicht aber auch hier nur bis Klasse 9.
Doch Achtung: Auch Oberstufenschüler können bei Hitze ausnahmsweise früher nach Hause geschickt werden. Allerdings nur, wenn das nötig ist, damit alle Fächer in der Sekundarstufe 1 gleichmäßig unterrichtet werden können.
Hitzefrei in Niedersachsen: Die absolute Ausnahme!
Die Schulleitung kann Hitzefrei geben, "(…) wenn der Unterricht durch hohe Temperaturen in den Schulräumen erheblich beeinträchtigt wird und andere Formen der Unterrichtsgestaltung nicht sinnvoll erscheinen (…)". Dann muss aber, wie beispielsweise auch in Bayern, für die Schülerbeförderung gesorgt werden.
Grundschüler dürfen nur nach Zustimmung der Erziehungsberechtigten nach Hause geschickt werden. Oberstufenschüler bekommen auch hier in der Regel kein Hitzefrei.
Nordrhein-Westfalen: Keine Chance unter 25 Grad
Ab einer Raumtemperatur von mehr als 27 Grad darf die Schule die Kinder an den Badesee – oder nach Hause – schicken. Unter 25 Grad ist das dagegen strengstens untersagt! In Klasse 5 und 6 müssen die Eltern zudem zunächst zustimmen. Ältere Schüler bekommen dagegen auch in NRW mal wieder gar keine Chance auf Abkühlung während der regulären Unterrichtszeit.
Immerhin: Klassenarbeiten sollten bei hohen Temperaturen "(…) nach Möglichkeit nicht geschrieben werden (…)", heißt es im entsprechenden Erlass des Kultusministeriums. Praktisch!
Rheinland-Pfalz: Vorgaben? Fehlanzeige!
Hier gibt es tatsächlich weder eine festgeschriebene Richttemperatur noch sonstige gesetzliche Vorgaben. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, muss jeder selbst beurteilen. Und so halten es dann auch die einzelnen Schulen.
Saarland: Keine Lust auf Hitzefrei!
Seit 2006 gibt es im Saarland ganz offiziell kein Hitzefrei mehr. Alternativen suchen ist auch hier das Stichwort – und das wortwörtlich: "So können zum Beispiel in der letzten Woche vor den großen Ferien Waldexkursionen, Schwimmbadbesuche oder ähnliche Unternehmungen veranstaltet werden (…)", heißt es aus dem Kultusministerium.
Vorzeitig freigeben dürfen die Schulen dagegen nur dann, wenn sie sonst absolut keine Möglichkeit der Betreuung finden – und zudem bereits zuvor das Einverständnis der Erziehungsberechtigten eingeholt haben. Eine Konstellation, die wohl eher Seltenheitswert haben dürfte.
Hitzefrei in Sachsen = weniger Unterricht
Eine feste Temperatur gibt es in Sachen Hitzefrei auch hier nicht. Alternativ steht es betroffenen Schulen jedoch frei, die Stunden zu verkürzen, Pausen zu verlängern oder den Unterricht nach draußen zu verlegen - wenn es dort den kühler ist.
Sachsen-Anhalt: Jahrgangsstufen 11 und 12 können hoffen!
Wenn die Temperatur in einem "repräsentativen Unterrichtsraum" um elf Uhr 26 Grad oder mehr erreicht, kann in Sachsen-Anhalt ganz offiziell Hitzefrei gegeben werden – aber erst nach der fünften Stunde und nur für die Schüler bis zur zehnten Klasse.
In Ausnahmefällen darf der Unterricht allerdings auch schon nach der vierten Stunde enden. Daneben können die Schulen Stunden verkürzen. Und das sogar für die Jahrgangsstufen 11 und 12!
Schleswig-Holstein: Schulleiter’s Choice
Im nördlichsten Bundesland hat die Schulleitung das Hitzefrei-Zepter in der (hoffentlich noch nicht schweißnassen) Hand. Hier entscheidet sie nämlich ganz allein über Geschichte oder Gelato.
Thüringen: Organisation ist alles!
Wenn die vor lauter Hitze frühzeitig entlassenen Eleven in Thüringen mit dem Bus nach Hause fahren müssten, muss das die Schule frühzeitig organisieren. Stichwort: Aufsichtspflicht! Ansonsten heißt es leider: Ausharren und weiterschwitzen!
Zudem kürzt man die schulischen Stunden auch in Thüringen lieber erst, bevor man sie ganz ausfallen lässt.
Schulleitung hat bei Hitzefrei meist das letzte Wort
Ganz abgesehen vom Hitzefrei-Wirrwarr zwischen den deutschen Bundesländern gibt es Erziehungsverbänden wie dem Verband für Bildung und Erziehung (VBE) nach immer seltener Hitzefrei – und das, obwohl die Sommer gefühlt immer heißer werden.
Das hängt zum einen mit den geltenden Regeln und Richtlinien zur Aufsichtspflicht zusammen. Zum anderen scheint aber auch die wachsende Anzahl an Ganztagesschulen hierbei eine gewisse Rolle zu spielen.
Doch so kunterbunt die Länder auch mit der Hitze umgehen. Etwas haben sie (fast) alle gemeinsam: Am Ende hebt (oder senkt) meist die Schulleitung den „Früher-Frei-Daumen“. In Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen ist es also hilfreich, sich mit dem Rektorat gut zu stellen. Dann springt vielleicht auch der ein oder andere freie Sommertag heraus. Wir drücken die Daumen. 😊