Ratgeber
Rente & betriebliche Altersvorsorge bei spätem Jobwechsel
Sie wollen sich spät noch mal beruflich ausprobieren? Lesen Sie, welche Konsequenzen das für Ihre Rente hat und wie Sie Risiken minimieren können.
Jobwechsel im Alter: Folgen für gesetzliche, private und betriebliche Altersvorsorge
Auf der Zielgeraden Richtung Rente noch mal den kleinen Umweg über den Traumjob nehmen? Wer so spät noch Veränderung wählt, nimmt auch zwangsweise mehr Risiko in Kauf. Oder doch nicht? Welche Konsequenzen ein Jobwechsel auf die spätere monatliche Rente hat, wissen nämlich die wenigsten.
Ob späte Selbstständigkeit, Firmenwechsel oder Teilzeit: Wir zeigen Ihnen, wie sich ein Berufswechsel in fortgeschrittenem Alter auf Ihre Altersvorsorge auswirken kann und wie Sie Fehler vermeiden können.
Zukunft sichern: Altersvorsorge in Deutschland
Grundsätzlich gilt: Wer im Alter mehr als die Hälfte des früheren Einkommens erhalten möchte, sollte sich frühzeitig breit aufstellen und kontinuierlich investieren. Das verringert auch die Risiken bei einem späten Berufswechsel. Um die Folgen besser zu verstehen, schauen wir uns die drei Säulen der deutschen Altersvorsorge an.
Die drei Säulen der Altersvorsorge in Deutschland
Die erste Säule des deutschen Altersvorsorgemodells sind die öffentlich-rechtlichen (Renten-)Pflichtsysteme. Die aktuelle Generation der beschäftigten Beitragszahlenden stemmt dabei die Rente des älteren Teils der Bevölkerung. Je nach Beruf zahlen Beschäftigte dann in die gesetzliche Rentenversicherung oder die Systeme der anderen Berufsstände ein. Der aktuelle Pflichtbeitragssatz liegt bei 18,6 Prozent des Bruttogehalts, wobei eine Hälfte vom Arbeitnehmer und die andere Hälfte von der Arbeitgeberin aufzubringen ist (Stand 2024).
Übrigens: Ab einem Alter von 50 Jahren besteht die Möglichkeit, durch freiwillige Zuzahlungen an die Deutsche Rentenversicherung die eigene Altersrente zu erhöhen oder früher in den Ruhestand zu gehen, ohne Abschläge in Kauf nehmen zu müssen. Eine kostenlose Beratung dazu bietet die Deutsche Rentenversicherung.
Viele Firmen bieten zudem eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) an, entweder arbeitgeber- oder arbeitnehmerfinanziert. Dabei sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, 15 Prozent des Beitrags hinzuzufügen. Diese Beiträge gehen direkt vom Bruttogehalt ab, was Steuern und Sozialabgaben spart, und die Auszahlung ist garantiert. Allerdings kann die bAV bei einem Jobwechsel Unsicherheiten mit sich bringen.
Die private Altersvorsorge umfasst alle sonstigen privaten Altersvorsorgemodelle. Dazu gehören unter anderem die Riester- oder Rürup-Rente, Aktien-Indexfonds-Sparpläne sowie Renten- und Lebensversicherungen. Auch hier zahlen Sie regelmäßig einen bestimmten Betrag ein, um schließlich im Alter Ihre Rente etwas aufzubessern.
Bereits vorhandene Renten- und Lebensversicherungen sollten Sie nicht kündigen; das lohnt sich finanziell oft nicht. Denn zu bereits bezahlten Abschlusskosten kommt ein Stornoabschlag hinzu. Stattdessen können Sie die Verträge beitragsfrei stellen oder verkaufen, was oft zwei bis vier Prozent mehr als der Rückkaufswert bei der Versicherung einbringen kann.
Löcher bei Rentenversicherung und privater Vorsorge rechtzeitig erkennen
Um Ihre prognostizierte gesetzliche Rente zu erfahren, können Sie jederzeit eine Rentenauskunft bei der Deutschen Rentenversicherung anfordern. Damit lässt sich Ihre persönliche Rentenlücke, also die Differenz zwischen Ihrer späteren gesetzlichen Rente und Ihrem jetzigen Gehalt, berechnen. Prüfen Sie alle Unterlagen Ihrer beruflichen und privaten Altersvorsorge und zählen Sie alle privaten Rücklagen und Vermögenswerte dazu, um herauszufinden, wie Ihr Auskommen im Alter aktuell aussehen würde.
Reicht Ihr Budget, um auch ohne weitere Einzahlungen finanziell abgesichert leben zu können? Wenn die Antwort positiv ausfällt, können Sie durchaus erwägen, sich im Herbst Ihrer beruflichen Laufbahn noch einmal persönliche Träume zu verwirklichen.
Szenario 1: Kündigung und Jobwechsel zu einem neuen Arbeitgeber
Sie haben genug von Ihrem Chef? Oder möchten noch mal etwas Neues in anderer Anstellung ausprobieren? Lebensläufe sind heute vielfältiger als noch vor 30 Jahren und ein Jobwechsel mit Ü50 absolut möglich - nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels. Doch diese Entscheidung hat Folgen für die Rentenversicherung, die nicht unbeachtet bleiben sollten.
- Folgen für die gesetzliche Rentenversicherung: Bei einem Jobwechsel bleibt die gesetzliche Rentenversicherung bestehen. Sollten Sie danach aber weniger verdienen als vor dem Jobwechsel, ist das für Ihre erwartete Altersrente nachteilig, da die Rentenhöhe auf dem jährlichen Einkommen basiert. Stand 2024 entspricht ein Rentenpunkt einer monatlichen Altersrente von 39,32 EUR.
- Folgen für die betriebliche Altersvorsorge: Wenn der neue Arbeitgeber keine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge (bAV) anbietet, kann das für Arbeitnehmende nachteilig sein. Ob Sie die bisherigen Beiträge des vorherigen Arbeitgebers behalten dürfen, hängt von Ihrem Alter und der Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit ab. Es ist daher wichtig, sich vor einem Jobwechsel über die geltenden Fristen zu informieren, um Lücken in der Altersvorsorge zu vermeiden. Ein Lichtblick: Die gesetzlich verpflichtenden 15 Prozent Arbeitgeberzuschuss sowie Ihre eigenen Einzahlungen bleiben jedoch auf Ihrem bAV-Konto erhalten.
- Folgen für die private Altersvorsorge: Auf Ihre private Altersvorsorge hat der Arbeitgeberwechsel in der Regel keinen Einfluss. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Sie weiterhin finanziell in der Lage sind, die Beiträge in der vereinbarten Höhe zu zahlen.
Gut zu wissen
Für Ihren bestehenden bAV-Vertrag gibt es vier Optionen: Sie können den Vertrag mit Zustimmung des neuen Arbeitgebers übernehmen. Das ist vorteilhaft, wenn der Vertrag gute Konditionen hat, bietet aber keine Garantie für gleichbleibende Zusatzleistungen. Eine andere Möglichkeit ist die Übertragung des Kapitals in das Vorsorgesystem des neuen Arbeitgebers, was jedoch oft mit schlechteren Konditionen und zusätzlichen Kosten verbunden ist. Schließlich können Sie den bestehenden Vertrag privat weiterführen, was sich vor allem bei einem guten Garantiezins lohnen kann. Sie können den Vertrag auch beitragsfrei stellen, wobei das Kapital zu den alten Konditionen verzinst bleibt, jedoch keine Beiträge mehr hinzukommen.
Szenario 2: Vor der Rente erstmal in (Alters-)Teilzeit
Schon vor dem Ruhestand mehr Freizeit haben – für manche wichtiger als nochmal den Traumjob suchen. Doch welchen Einfluss hat ein Wechsel in Teilzeit auf die Vorsorge für das Alter?
- Folgen für die gesetzliche Altersversorgung: In Teilzeit reduziert sich das Gehalt und entsprechend sinken auch die Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung sowie die Rentenpunkte für Arbeitnehmende. Bei dieser Variante müssen Arbeitnehmer also mit geringeren Rentenauszahlungen rechnen. Ein Sonderfall ist die Altersteilzeit: Dabei arbeiten Sie zwar nur die Hälfte der Zeit, erhalten aber dank eines Aufstockungsbeitrags von mindestens 20 Prozent deutlich mehr als die Hälfte des Vollzeitgehalts. Außerdem übernimmt der Arbeitgeber weiterhin 90 Prozent der Vollzeit-Rentenbeiträge, wodurch die Höhe der finanziellen Einbußen spürbar geringer ist.
- Folgen für Betriebsrenten und andere Arten betrieblicher Altersvorsorge: Wechseln Sie nicht den Arbeitgeber, bleibt Ihr bAV-Vertrag auch bei Teilzeit bestehen. Ist die betriebliche Altersvorsorge arbeitgeberfinanziert, sollten Sie aber prüfen, ob Ihr Arbeitgeber die Leistungen kürzt. Bei einer arbeitnehmerfinanzierten bAV hängt die spätere Rentenhöhe von Ihren Einzahlungen ab: Bleiben diese unverändert, bleibt auch die betriebliche Rente unverändert.
- Folgen für die private Altersvorsorge: Wie in Szenario 1 beeinflusst Teilzeit die private Altersvorsorge nur indirekt. Bleiben Sie finanziell in der Lage, die bisherigen Beiträge zu leisten? Oder ist Ihre Vorsorge bereits so stabil, dass eine Senkung oder Freistellung verkraftbar wäre? Sollte beides zutreffen, bleibt Ihr finanzieller Spielraum gewahrt. Andernfalls könnte Teilzeit zur Gefahr für Ihre finanzielle Sicherheit im Alter werden.
Szenario 3: Der Sprung in die Selbstständigkeit
Sein eigener Chef zu sein bedeutet immer ein gewisses finanzielles Risiko – aber auch jede Menge Raum zur freien Entfaltung. Die eigene Altersversorgung sollte darunter aber nicht leiden.
- Folgen für die gesetzliche Rentenversicherung: Als Selbständiger oder Selbstständige können Sie weiterhin in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert bleiben – müssen es aber nicht.
- Folgen für die betriebliche Rentenversicherung: Für Angestellte, die sich in die Selbstständigkeit wagen, bleibt nur eine Möglichkeit: Privat weiter einbezahlen oder ruhen lassen.
- Folgen für die private Rentenversicherung: Mit dem Wegfall der bAV gewinnt die private Altersvorsorge an Bedeutung. Wer nicht frühzeitig für den Ruhestand vorsorgt, riskiert als selbstständige Person finanzielle Einbußen im Alter, da der Zinseszinseffekt nur über lange Zeiträume wirkt. Beginnen Sie also erst nach 40 oder 50 mit der Altersvorsorge, wird es schwierig, die Rente wesentlich zu verbessern. Daher sollten Sie Ihre Rentensituation gründlich prüfen und sicherstellen, dass Sie für die Selbstständigkeit ein ausreichendes finanzielles Polster haben.
Jobwechsel im Alter: Rentensituation analysieren statt Altersvorsorge riskieren
Egal welche beruflichen Experimente Sie noch wagen möchten: Die vorherige Analyse Ihrer jetzigen Altersvorsorge-Situation ist unerlässlich. Sollte das Risiko bei der Veränderung Ihrer Tätigkeit so groß sein, dass Ihnen Altersarmut droht, machen Sie sich besser auf die Suche nach Alternativen. Denn ein Traumjob ist wunderbar – 20 Jahre Ruhestand ohne finanzielle Sorgen aber auch.