Gilt die Privathaftpflichtversicherung auch für geliehene Dinge?

„Es wird schon nichts passieren!“ - Besonders dann, wenn etwas unter Freunden und Bekannten verliehen wird, fällt diese Aussage häufig. Ein angemessener Versicherungsschutz wird hier allzu oft gekonnt ignoriert. Mit der steigenden Popularität der Sharing Economy ist jedoch auch das Leihen und Verleihen von Gegenständen zwischen Fremden mittlerweile keine Seltenheit mehr. Und wenn dann doch was passiert, steht nicht nur eine Freundschaft auf dem Spiel...

Ob Sie nun Gebrauchsgegenstände über Apps und Internetplattformen oder auf anderem Weg leihen oder verleihen: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Hier erfahren Sie, wie es um Ihren Versicherungsschutz in der Sharing Economy steht. Und bekommen zusätzlich vier Tipps für eine sinnvolle gemeinschaftliche Nutzung von Hab und Gut. Widmen wir uns aber erst noch einmal den "Grundlagen".

Leihen, mieten, schenken: Was ist was?

Ob Auto, Rasenmäher oder Hochzeitskleid: Leihen ist grüner und günstiger als neu kaufen. Und Sie sparen nicht nur Ressourcen, Emissionen und Geld. Doch was ist eigentlich was?

Leihen und verleihen: Kostenlos, aber nicht umsonst?

Das private Verleihen unterscheidet sich vom Vermieten in genau einem Aspekt: Es geschieht nicht entgeltlich. Verlangen Sie also kein Geld, wenn Sie etwas temporär zur Verfügung stellen, handelt es sich um eine Leihe. Die Kosten, die für die Nutzung oder den Betrieb des verliehenen Objekts nötig sind, dürfen Sie als verleihende Person allerdings sehr wohl verlangen. Und das, ohne direkt einen Mietvertrag aufsetzen zu müssen. Bestes Beispiel hierfür: Spritkosten oder Parkgebühren beim Verleih eines Autos.

Gut zu wissen: Auch Verleihende haben Pflichten!

Als verleihende Person ist man zwar nicht für die volle Gebrauchstauglichkeit verantwortlich. Aber: Sollten Sie einen Mangel verschweigen, der einen Schaden verursacht, können Sie dafür haftbar gemacht werden. Denn jeder Mensch haftet für Schäden, die er einem anderen oder dessen Eigentum zufügt. Ganz gleich, ob mit Absicht oder aus Versehen. Und zwar mit seinem heutigen und zukünftigen Vermögen.     

Mieten und vermieten: Für alle ein Gewinn?

Möchten Sie einen finanziellen Gewinn daraus ziehen, dass Sie Ihr Hab und Gut zur Verfügung stellen, vermieten Sie das Objekt. Das hat unterschiedliche Rechte und Pflichten zur Folge. So müssen Mieteinnahmen zum Beispiel auch versteuert werden. Außerdem sollte die Mietdauer eindeutig festgelegt sein.

Schenken und verschenken: Ganz oder gar nicht!

Die Schenkung steht auf einem ganz anderen Blatt: Hier bleiben Sie nicht Eigentümer des Objekts, sondern übertragen Ihr Eigentum an einen Dritten. Im Gegensatz zu Leih- oder Mietvertrag muss eine Schenkung notariell beurkundet werden. In der Regel ist auch eine Schenkungssteuer fällig.

Sharing Economy und Versicherungsschutz: Was ist wie versichert?

Sie wissen nun: "Sharen" Sie selbst nicht mit einer kommerziellen Absicht, handelt es sich um ein eher unkompliziertes Leihgeschäft. Was bedeutet Leihen und Verleihen aber nun versicherungstechnisch für Sie?

Schäden an der Leihsache: Eine Sache für die Privathaftpflicht?

Schäden am Eigentum eines anderen sind klassischerweise ein Fall für die Privathaftpflichtversicherung. Geliehene Sachen müssen Versicherungsanbieter allerdings nicht in ihre Haftpflichtpolicen aufnehmen. Stattdessen kann die Leihsache wie das Eigentum des Schadenverursachers und Versicherungsnehmers behandelt werden. Und da die Privathaftpflicht nur für Schäden aufkommt, die Sie anderen Personen oder fremden Gegenständen zufügen, genießt die Leihsache dann eben keinen Versicherungsschutz.

Unser Tipp: Kontrollieren Sie unbedingt Ihre Haftpflichtversicherung auf eine entsprechende Klausel hin! Und sichern Sie sich gegebenenfalls neu ab, falls Sie voll ins (natürlich rein private) Leihgeschäft einsteigen wollen. 

Um Ihnen als Verleiher oder Leihende im Schadensfall unnötigen Gerichts- oder ähnlichen Aufwand zu ersparen, gibt es übrigens nur eine rechtlich wasserdichte Lösung: Setzen Sie eine schriftlichen Leihvertrag auf und klären Sie im Vornherein alle Kostenfragen. Natürlich ist das bei Fremden wichtiger als bei Freunden, jedoch hat schon so mancher finanziell begründeter Disput auch eine langjährige Freundschaft beendet.

Sonderfall: Privathaftpflichtversicherung und Leihautos

Handelt es sich beim Leihgegenstand um ein Auto, Motorrad oder ein anderes Kfz, ist im Schadensfall grundsätzlich nicht die Privathaftpflicht zuständig. Stattdessen kommt die Kfz-Haftpflichtversicherung des Verleihenden für Schäden an Dritten sowie – wenn vorhanden – die Kaskoversicherung für verursachte (und entsprechend versicherte) Defekte am Fahrzeug selbst auf.

Gut zu wissen: Keine Kaskohaftung ohne Kaskoschutz!

Hat die verleihende Person dagegen KEINE Kaskoversicherung abgeschlossen, wartet im Schadensfall oft eine böse Überraschung. Denn verursacht der Fahrer oder die Fahrerin am geliehenen Fahrzeug einen Schaden, verhält es sich versicherungsmäßig so, als hätte man diesen selbst verursacht. Der oder die verleihende hat somit auch keinen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Verursacher.

Übrigens: Verleihen Sie Ihr Auto an jemanden, der bei Ihrer Versicherung nicht als zulässiger Fahrer eingetragen ist, kann das im Schadensfall teure Konsequenzen für Sie haben. So zahlt die Versicherung zwar in vielen Fällen trotzdem. Sehr wahrscheinlich wird die Versicherung anschließend jedoch von Ihnen den eigentlich für den zusätzlichen Fahrer fälligen Beitrag einfordern - und das rückwirkend für das gesamte Versicherungsjahr!

Verlust, Diebstahl oder Unterschlagung: Zahlt die Haftpflicht auch für Geliehenes?

Doch was passiert eigentlich, wenn der Leihgegenstand zwar nicht "einfach" kaputt, sondern komplett verloren geht? Wir empfehlen: Checken Sie Ihren Versicherungsvertrag und bessern Sie bei Bedarf unbedingt für diesen Fall nach. Denn besonders bei geliehenen Gegenständen sind zumindest Ausschlüsse wie Wertpapiere und Urkunden eher die Regel als die Ausnahme.

Haben sich Langfinger Ihren ver- oder geliehenen Gegenstand unter den Nagel gerissen, können Sie nur dann auf eine Erstattung hoffen, wenn das Objekt über eine Versicherung des Verleihenden gegen Diebstahl abgesichert ist. Das ist beispielsweise beim Auto in der Vollkaskoversicherung der Fall.

Und dann wäre da noch ein Phänomen, das vor allem in der Sharing Economy gelegentlich die Gemüter erhitzt : Die Person, die sich den Gegenstand geliehen hat, verweigert die Rückgabe. Klar: Um ihren gesetzlichen Anspruch auf die Herausgabe des verliehenen Gegenstands durchzusetzen, könn(t)en Sie ihn einklagen. Versuchen Sie es aber besser zunächst mit dem Setzen einer Frist zur Rückgabe des Objekts. Ist diese verstrichen und Sie haben den Gegenstand noch immer nicht bekommen, so haben Sie nämlich einen Anspruch auf den Wiederbeschaffungswert. Den müssten Sie dann allerdings wohl tatsächlich einklagen. Sorry!

4 Tipps für sicheres privates Leihen und Verleihen

1. Leihvertrag bei privaten Leihgeschäften abschließen!
Besonders beim Verleihen von hochwertigen und teuren Gegenständen wie Autos sorgt ein schriftlicher Leihvertrag für Sicherheit und Klarheit im Schadensfall. Und das bei Fremden und Freunden.

2. Versicherungsschutz checken und nachbessern
Bevor Sie sich in die Sharing Economy stürzen: Prüfen Sie in Ihrer Privathaftpflichtpolice, ob Ihre Versicherung auch für Schäden an geliehenen Gegenständen aufkommt. Buchen Sie bei Bedarf die entsprechenden Bausteine hinzu oder wechseln Sie den Anbieter. Wenn Sie wertvolle Gegenstände privat verleihen wollen, suchen Sie am besten bereits im Vorfeld das Gespräch mit Ihrem Versicherungsberater oder Ihrer Versicherungsberaterin.

3. Apps oder Plattformen sind sicherer als der zeugenlose Handshake!
Viele Plattformen zum Leihen und Verleihen von Gegenständen erstellen für Sie individuell Leihverträge und bieten sogar zusätzlichen Schutz für ver- und Leihende. Und das oft sogar gegen Diebstahl. Vermittlungsplattformen zum privaten Leihen und Verleihen von Fahrzeugen wie Snappcar.de oder Getaround.de bieten in der Regel Haftpflicht- und Vollkaskoversicherungen an.

4. Privat und idealistisch statt kommerziell
Wer in Sachen Nachhaltigkeit das Maximum aus der eigenen Sharing Economy-Aktivität holen will, sollte privat verleihen und auf kleinere Plattformen setzen. Portale wie Frent.me verfolgen einen idealistischen Ansatz und vermitteln Leihgeschäfte in ganz Deutschland. Noch besser: Regionale Angebote wie zum Beispiel die örtliche Nachbarschaftshilfe nutzen

 

So, das war unser kleines Leihen-Verleihen-Einmaleins. Wir hoffen, wir haben Ihnen nun nicht die Lust an der Sharing Economy genommen. Denn trotz der kleinen Hürden rund um Haftung und Versicherung ist Leihen deutlich nachhaltiger, ressourcenschonender und meist viel günstiger als neu kaufen. Und: Es fördert den sozialen Austausch!