Ökostrom für Hausbesitzer – alles im grünen Bereich

Am 15. Januar 2020 geht Deutschland der Strom aus – zumindest im Falle einer Extremsituation im Stromnetz. Dieses "unglaubliche" Szenario verkündeten Medien bereits vor zwei Jahren und bezogen sich damit auf den Bericht der vier größten deutschen Übertragungsnetzbetreiber. Diese Extremsituation definieren sie als den Tag, an dem die größte Diskrepanz zwischen Stromspeicherwert und Deckungsbedarf besteht. 2016 lag die Reservelast noch bei knapp dreißig Gigawatt, die Prognosen für 2020 sehen dagegen ein Minus auf dem Stromkonto vor.

Dabei wurde der Beitrag erneuerbarer Energien jedoch sehr niedrig angesetzt. Im Zuge der Energiewende gewinnt die Erzeugung von Ökostrom allerdings immer mehr an Fahrt, denn bereits jeder vierte Haushalt in Deutschland setzt auf den grünen Strom. Herkömmlicher Atom- und Kohlestrom ist zwar meist etwas günstiger, kommt der Umwelt aber teuer zu stehen.
 Lohnt sich also ein Wechsel für Hausbesitzer? Was bezeichnet man als Ökostrom und wie umweltfreundlich ist dieser wirklich? Wo kommt er her? Und wie gelangt dieser in die Steckdose? Wir haben die wichtigsten Informationen für Sie zusammengetragen.

Grünes Licht für zertifizierten Ökostrom

Kurz zum Verständnis: Ökostrom bezeichnet Strom, der aus erneuerbaren Energien stammt. Zu diesen zählen Wasser, Wind, Sonne, Geothermie sowie Biomasse. Ökostrom wird deswegen nicht umsonst synonym als Grün- oder Naturstrom bezeichnet und durch die Kraft regenerativer, natürlicher Energiequellen umweltfreundlich produziert.

Hiervon abzugrenzen ist die herkömmliche Energieerzeugung in Kohle- oder Atomkraftwerken, die die Umwelt durch Ressourcenverbrauch und einen hohen CO2-Ausstoß belasten. Doch inwiefern schützt die zukunftsorientierte Stromerzeugung die Natur und unterstützt die Energiewende? Auskunft über Qualität und Herkunft des grünen Stroms geben regelmäßig kontrollierte Gütesiegel und Ökostromzertifikate.

  • OK-Power Siegel: Vom EnergieVision e.V. verliehen, garantiert dieses Label, dass der Strom zu einhundert Prozent aus erneuerbaren Energien stammt. Die Tarifbedingungen muss der Stromanbieter transparent offenlegen und darf selbst an keinem herkömmlichen Stromunternehmen beteiligt sein. Um das Siegel zu erhalten, müssen Anbieter Pflicht- sowie Wahlpflichtkriterien erfüllen. Zu Letzteren zählen insbesondere Investitionen in den weiteren Ausbau der grünen Energie.
Ratgeber Grafik Siegel ok Power
  • TÜV Siegel: Den Ausbau erneuerbarer Energieerzeugung müssen auch TÜV NORD zertifizierte Unternehmen unterstützen, eine regelmäßige Berichterstattung ist dabei Teil der Anforderungen. Die TÜV SÜD Zertifizierung wiederum dient als Herkunftsnachweis der ins Stromnetz eingespeisten grünen Strommenge.
Ratgeber Grafik Siegel TUEV NORD
  • ‚Grüner Strom’ Label: Für diese Zertifizierung verpflichten sich Stromanbieter, einen festgelegten Anteil der Kundengelder in erneuerbare Stromerzeugung zu investieren. Des Weiteren muss der Nachweis erbracht werden, dass Kunden tatsächlich mit Ökostrom beliefert werden – und nicht mit Kohle- oder Atomstrom, der durch ein weiterverkauftes RECS Zertifikat nur „grüngewaschen“ wurde.
Ratgeber Grafik Grüner Strom
  • RECS Zertifikate: RECS steht für Renewable Energy Certificate System. Wie der Name verrät, ist dies ein System, das erneuerbaren Strom auszeichnet. Das erhaltene Zertifikat kann allerdings an herkömmliche Stromerzeuger weiterveräußert werden. Dies erlaubt günstigen Atom- und Kohlestromherstellern, ihren Strom als Ökostrom zu verkaufen. Achten Sie daher bei der Anbieterauswahl auf zusätzliche Zertifizierungen und Gütesiegel.

Die Anzahl der Ökostromanbieter am Markt steigt, die zuvor genannten Voraussetzungen erfüllen jedoch nicht alle. Zu den bekanntesten Unternehmen, die echten Grünstrom anbieten, den Ausbau regenerativer Stromerzeugung unterstützen, sowie in keinerlei Verbindung zu Kohle- und Atomstromanbietern stehen, zählen Greenpeace Energy eG, Naturstrom AG und die Lichtblick SE. Neben diesen bieten immer mehr junge Anbieter und Bürgerzusammenschlüsse zertifizierten ökologischen Strom an.

Gut zu wissen:

Wir alle wissen, wie sich einfach Strom sparen lässt. Aber wussten Sie auch, dass sich mithilfe der Öko-Programme von technischen Geräten auch viel Strom sparen lässt? Daher lohnt es sich ineffiziente Geräte zu ersetzen und Energiespar- und LED-Lampen zu nutzen. Damit reduzieren Sie nebenher auch noch die CO2-Belastung um ein Vielfaches. Und das elektronische Geräte wie Fernseher und Co. nicht ständig auf Standby laufen sollten, dürfte mittlerweile auch der Letzte begriffen haben.

Ökostrom – günstiger als viele lokale Anbieter

Strom aus Kohlekraftwerken ist zwar billig, dafür muss die Umwelt aber teuer bezahlen. Diese Rechnung erleichtert den eigenen Geldbeutel, geht aber auf Kosten von Natur und Mensch: End- und Nebenprodukte der Verbrennung fossiler Stoffe sind Gase, die unsere Gesundheit und die Umwelt gefährden. Zudem sind die für die Gewinnung herkömmlichen Stroms eingesetzten Ressourcen endlich. Diese Herausforderung ist bei erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Sonne und Wasser hingegen kein Thema. Einziges Manko der grünen Stromquellen: Wasser, Sonne und Wind bestimmen je nach Vorkommen den Preis. Entgegen ihres Images sind Ökostromtarife aber oft preiswerter als ein teurer Vertrag beim lokalen Grundversorger – ein Vergleich lohnt sich.

Wie gelangt Ökostrom in mein Zuhause?

Haben Sie sich für einen Wechsel zum grünen Ökostrom entschieden, kommt die Frage auf, wie dieser zu Ihnen gelangt. Prinzipiell bleibt die Stromversorgung auch nach Wahl eines Ökostromtarifs dieselbe. Kraftwerke und Anlagen versorgen naheliegende Häuser mit Strom, ungeachtet der Tatsache, ob Ökostrom bestellt wurde oder nicht. Entscheidet sich ein Verbraucher aber für grünen Alternativstrom, muss dessen Stromanbieter die bezahlte Menge in das Stromnetz einspeisen. Je mehr Verbraucher sich für einen Ökostromtarif entscheiden, umso mehr ökologische kWh befriedigen die landesweite Nachfrage. Bestehen kann der Kunde zwar nicht auf reinen Naturstrom, sich beim Stromanbieter aber über dessen Herkunft informieren und eventuell über einen Wechsel nachdenken schon.

Gut fürs grüne Gewissen: Womit Ökostrom und -anlagen noch punkten

Soweit so gut, Ökostrom punktet neben einer potenziellen Kostenreduktion beim Wechsel von der lokalen Grundversorgung, mit zahlreichen Vorteilen. Diesen stehen jedoch hohe Betriebskosten, eine Abhängigkeit von Wetterlage, Wasservorkommen sowie der allgemeine Naturschutz entgegen. Windkraft- und Photovoltaikanlagen könnten durch Geräuschemission die Tierkommunikation stören. Ihr Bau verringert zudem den natürlichen Lebensraum von Waldtieren und zahlreichen Vogelarten, die zu tausenden Opfer von Windkraftrotoren werden. Bei der Jagd richten die Vögel ihren Blick nach unten, nicht wenige fliegen dabei in die Rotorblätter und verenden darin qualvoll. Dasselbe Schicksal erleiden tausende Fledermäuse, deren Lungen angesichts des hohen Drucks in Nähe der Windkraftanlage platzen. Um Natur- und Umweltschutz miteinander zu versöhnen, sollen neue Standorte einer naturschutzfachlichen Prüfung unterliegen sowie die Lebensweise der Tiere berücksichtigt werden. Algorithmen könnten die Windkraftanlagen beispielsweise bei bevorzugten Ausflugzeiten abschalten, um die Tiersterblichkeit zu senken. Trotz dieser Verbesserungspotenziale überzeugt Ökostrom durch einige Vorteile:

  • Beitrag zum Klimaschutz: Grünstrom weist einen wesentlich niedrigeren CO2-Ausstoß auf. Bei herkömmlicher Stromerzeugung entstehen durch Verbrennungsprozesse hohe Mengen an Kohlenstoffdioxyd, der hervorgehende Staub belastet unsere Gesundheit und mindert die Luftqualität.
  • Energie- und Einnahmequelle: Die private Erzeugung von Naturstrom wird staatlich unterstützt, der Verkauf an Nachbarn ist dank einer Novellierung des EEGs (Erneuerbare-Energien-Gesetz) zulässig. Voraussetzung ist lediglich die Stromübertragung über eine Direktleitung, nicht über die öffentlichen Netze.
  • Unabhängigkeit: Durch einen Ausbau der grünen Stromgewinnung wäre Deutschland zukünftig unabhängig von Auslandsressourcen. Zurzeit müsste ein Stromdefizit im Falle aufgebrauchter Reserven durch Auslands-Importe ausgeglichen werden. Damit einher ginge ein Kontrollverlust, da ein ausländischer Stromüberschuss und damit -import nicht jederzeit garantiert werden kann.
  • Neue Energien, neue Arbeitsplätze: Der Handel und die Förderung erneuerbarer Energien schaffen weltweit neue Arbeitsplätze. In Deutschland arbeiten etwa 330.000 Beschäftigte in der zukunftsträchtigen Branche, etwa die Hälfte davon in der Windbranche – Tendenz steigend. Als Motor dieser Entwicklung dienen die im Rahmen der Energiewende selbst gesteckten Ziele.

Die Energiewende erfordert einen Sinneswandel – und Ökostrom

Ökostromanbieter verpflichten sich im Rahmen einer Zertifizierung zur Unterstützung der Energiewende. Dies kann durch die Errichtung neuer Wind- und Solarkraftwerke, aber auch die Förderung neuer Projekte erfolgen. Auch die auf den Strompreis erhobene EEG-Umlage trägt zur Förderung erneuerbarer Energien bei: Der festgelegte Betrag muss von allen Stromkunden bis auf wenige Ausnahmen bezahlt werden. 2020 stieg die EEG-Umlage auf 6,756 Cent pro kWh – im Vergleich dazu waren es 2012 noch 3,592.

Gesetzte Ziele der Bundesregierung waren die Anteilssteigerung erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf fünfunddreißig Prozent, sowie eine Reduktion des Stromverbrauchs um zehn Prozent – bis 2020. Wer Letztere nicht nur über die EEG-Umlage, sondern aktiv unterstützen möchte, sollte Stromsparmaßnahmen ergreifen. Ein bewusster Umgang mit Strom senkt nicht nur die Stromrechnung, sondern auch die Umweltbelastung.