Ratgeber
Homeoffice nach Corona: Welche Regelungen gelten bei betrieblicher Dauerlösung?
Welche arbeitsrechtlichen Regeln gelten für Arbeitnehmer bei Dauerlösung? Welche Rechten, Pflichten und Chancen das Homeoffice nach Corona bringt, zeigen wir.
Homeoffice als Dauerlösung: Das sind Ihre Rechte, Pflichten und Chancen als Arbeitnehmer
Nach einem holprigen „Von jetzt auf gleich“ zu Beginn der Corona-Pandemie ist das Homeoffice mittlerweile aus vielen deutschen Unternehmen gar nicht mehr wegzudenken. Schließlich erreichten Unternehmen wie SAP oder die Deutsche Bank in dieser ungewissen Zeit des gefühlten „Dauer-Lockdowns“ 2020 und 2021 sogar Homeoffice-Spitzenquoten von bis zu 90 Prozent, dank Mitarbeitenden an den heimischen Schreibtischen.
Einige Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dürften also schon von einer ebenso erfolgreichen digitalen Zukunft träumen und in Erwägung ziehen, auch langfristig aufs mobile Arbeiten zu setzen – zumindest für Mitarbeitende mit administrativen Aufgaben. Zwar geht mit der Einrichtung von Arbeitsplätzen im Homeoffice auch eine Reihe an Ausgaben einher – einer Studie des britischen Beratungsunternehmens PWC zufolge ist pro Mitarbeiter oder Mitarbeiterin mit Kosten von 950 Euro zu rechnen. Sind die jedoch erst einmal gestemmt, könnten monatlich anfallende Kosten wie Büromiete oder Ausgaben für die Anfahrt der Mitarbeitenden mit öffentlichen Verkehrsmitteln & Co. verringert werden.
Vielleicht will also auch Ihr Chef oder Ihre Chefin an dem System des mobilen Arbeitens auch nach der Zeit der Kontaktminimierung festhalten, weil es für beide Seiten “nur Vorteile” bringt. Doch ist dem wirklich so? Oder wittert ein Sparfuchs hier doch nur die Chance, das Homeoffice könnte vor allem ein kostensenkender Faktor fürs Unternehmen werden?
Nachdem Sie hier erfahren können, wie Homeoffice trotz ausgewogener Work-Life-Balance effektiv gelingt, verraten wir Ihnen jetzt, welche Rechte, Pflichten und Chancen sich für Sie als Arbeitnehmenden oder Angestellte ergeben. Damit Sie als Beschäftigter mitreden können, wenn auch an Ihrem Arbeitsplatz mal wieder über die Langzeitumsetzung der heimischen Vollzeittätigkeit debattiert wird. Welche Einwände rund um die Telearbeit berechtigt sind und wann Sie besser mit Ihrem Vorgesetzen an einem Strang ziehen sollten, lesen Sie jetzt.
Homeoffice-Rechte des Arbeitnehmenden: Kann es einen Zwang zum Homeoffice geben?
Während die große pandemiebedingte Verlagerung der Arbeit nach Hause für einige nahezu die perfekte Lösung für all Ihre Work-Life-Balance-Probleme war, vermissen andere längst Ihre Kollegen und die soziale Interaktion während der Tätigkeit im Büro. Hinzu kommt die Angst vor sozialer Isolation und gesundheitlichen Risiken im heimischen Arbeitszimmer. Sollte der Vorgesetze dann auch noch mit der Idee des Homeoffice als Dauerlösung um die Ecke kommen, dürfte bei vielen schnell eine Frage aufkommen: Muss ich zwangsläufig ins Homeoffice?
Die Antwort an dieser Stelle ist ein klares Nein. Für die Tätigkeit von Zuhause braucht es die Zustimmung beider Parteien in Form einer schriftlichen Vereinbarung. Das bedeutet, dass für Arbeitnehmende außerhalb einer Pandemie weder die Pflicht besteht, ins Homeoffice wechseln, noch ein Anspruch darauf. Nach einem kurzen Check Ihres Arbeitsvertrages, können Sie den Vorschlag Ihres Chefs also arbeitsrechtlich unbesorgt ablehnen.
Sollten Sie hingegen Gefallen an der Idee gefunden haben, lohnt sich an dieser Stelle grundsätzlich ein kurzer Finanzcheck. Auf den Kosten für die häusliche Büroeinrichtung bleiben Beschäftigte nämlich keinesfalls allein sitzen. Stattdessen kommt (sofern keine Vereinbarungen zu abweichenden Regelungen getroffen wurden) das Unternehmen für die Anschaffung von Arbeitsmitteln wie Laptop, Maus und Tastatur auf. Wenn sich die Chefin querstellt, können Sie diese theoretisch sogar selbst kaufen und sich die Kosten, so denn sie sich in einem angemessenen Rahmen bewegen, anschließend vom Betrieb erstatten lassen.
Gleiches gilt für Betriebskosten wie Internet, Strom oder auch Heizkosten. Da diese durch die vermehrte Anwesenheit Zuhause zukünftig teurer ausfallen dürften, sollten Sie sich um einen finanziellen Ausgleich durch Ihren Arbeitgebenden bemühen. Im Gegenzug müssen Sie auf Pendlerausgleiche und auch vom Arbeitgeber erstattete Monatsfahrkarten für den ÖNPV & Co. in Zukunft verzichten.
Bevor man sich für eine der Varianten, also Büro- oder Heimarbeit, entscheidet, dürfte jedoch auch die Frage relevant werden, welche Bedingungen der Arbeitgebende in diesem Zusammenhang konkret stellen kann. Da hier mehr Halbwissen als tatsächliche Fakten in der Bevölkerung verbreitet sind, dürfte auch Ihnen schon so manches Horrorszenario zu Ohren gekommen sein: „Und was, wenn dich dein Chef unangekündigt besuchen kommt oder er dich sogar per GPS orten will?“
Zeit mit diesen Vorurteilen aufzuräumen! Denn wider aller besorgten Nachfragen und gut gemeinten Ratschläge Ihrer Bekannten und Freunde, darf Ihr Chef natürlich nicht einfach unangekündigt an Ihrer Tür klingeln. Und auch von Überwachungsmöglichkeiten mittels Videokamera oder Smartphone-Ortung wird Ihr Vorgesetzter die Finger lassen – zumindest, wenn er keinen Besuch der freundlichen schwarz-blau Uniformierten riskieren will oder Ärger mit dem Betriebsrat anstrebt.
Das Ganze kann schon etwas anders aussehen, wenn Sie beispielsweise beim Eisschlecken mit der besten Freundin gesehen werden, obwohl Sie eigentlich gerade fleißig am heimischen Schreibtisch arbeiten sollten. Hier hätte die vorgesetzte Führungskraft jedes Recht, zu überprüfen, wie häufig Sie das Haus während der vereinbarten Arbeitszeit verlassen.
Homeoffice-Pflichten des Arbeitnehmenden: Erreichbarkeit als Herausforderungen am Telearbeitsplatz?
Sie werden für Ihre Arbeit bezahlt, deswegen ist im häuslichen Arbeitszimmer alles andere als La-Paloma-Pfeifen angesagt. Wie sieht das nun aber konkret aus, welche Rahmenbedingungen gelten?
Zum einen sollten Sie sich darum bemühen, die grundlegende Struktur Ihres Arbeitsalltages beizubehalten. Ist in Ihrem Arbeitsvertrag beispielsweise eine Kernarbeitszeit von 10 bis 16 Uhr vorgeschrieben, dürfen Sie um 13 Uhr nicht einfach einen zweistündigen Mittagsschlaf einlegen – ganz gleich, wie verlockend das Boxspringbett im Nebenzimmer scheint. Die Flexibilität im Homeoffice hat ihre Grenzen allein deshalb, weil auch hier das Arbeitszeitgesetz gilt. Regelungen zu Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten sowie das Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit müssen nach wie vor eingehalten werden.
Auch der im Büro übliche Dresscode sollte nicht plötzlich der Vergangenheit angehören. Ihr Vorgesetzter oder Ihre Chefin kann von Ihnen verlangen, sich pünktlich zurecht für den Tag zu machen. Spätestens wenn man an Berufe mit Kundenkontakt mittels Videokonferenzen denkt, sollte das einleuchten.
Gut zu wissen:
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Homeoffice-Chancen für Arbeitnehmende: Was gilt für den Wohnort und die Steuer?
Trotz allem lässt Sie der Gedanke ans (produktive) Langzeit-Homeoffice einfach nicht los? Glauben Sie uns, dafür haben wir natürlich volles Verständnis! Denn wie in jeder guten Pro-Kontra-Liste finden sich eine ganze Menge Vorteile über die vielseitig diskutierten hinaus, wie zum Beispiel der Wegfall langer Fahrzeiten und ein höheres Maß an Ruhe und Selbstbestimmung.
Wer sich für die ausschließliche Arbeit von Zuhause aus entscheidet, kann zum Beispiel deutschlandweit hinziehen, wo er will. Raus aus der überfüllten Stadt und rein ins Grüne. In die dunkle 40-Quadratmeter-Wohnung ohne Fenster in Küche und Bad war man ja einst sowieso nur des Jobs wegen gezogen. Die freie Wahl des Wohnorts ist für viele Deutsche verlockend. So zeigt eine Bitkom-Umfrage, dass mindestens jeder fünfte Berufstätige (um genau zu sein knapp 21 Prozent) umziehen würde, wenn er in Zukunft größtenteils im Homeoffice arbeiten dürfte / sollte / müsste.
Wer nun allerdings schon von einem Häuschen am spanischen Strand, Cocktails als morgendlichem Muntermacher und einer Mittagspause im kalten Meerwasser träumt, sollte seine Tagträume (zumindest bis zum Ende dieses Artikels) noch etwas zügeln. Denn für Grenzgänger und Arbeitnehmende mit Sitz im Ausland gelten andere steuerrechtliche und sozialversicherungspflichtige Regelungen.
Zudem gilt ein Wohnort ab einem Aufenthalt, der mindestens ein halbes Jahr andauert, als fester Lebensmittelpunkt. Dieser könnte dann also auch zur Betriebsstätte werden – inklusive rechtlicher und kostenintensiver Änderungen für Ihren Arbeitgebenden.
Letztlich bleibt also zu sagen: Ob das Homeoffice als Dauerlösung für Sie die richtige Wahl ist, müssen Sie gut abwägen. Drohen Ihnen negative Konsequenzen wie eventuell höhere Betriebskosten? Dann sprechen Sie darüber so früh wie möglich mit Ihrem Chef oder Ihrer Vorgesetzten. Auch das Verschwimmen von Beruflichem und Privatem in den eigenen vier Wänden sollten Sie nicht unterschätzen. Das gilt es gegen die Vorteile wie freiere Strukturierung der genauen Arbeitszeit und eine ungebundenere Wohnortwahl für Haus oder Wohnung abzuwägen.
Die Arbeit im Homeoffice als Zwischenlösung?
Unser Tipp: Versuchen Sie es zunächst mit einer zeitlich begrenzten Zwischenlösung. So könnte zum Beispiel die gesamte Belegschaft für jeweils zwei oder drei Tage im Homeoffice arbeiten und die Arbeitsplätze im Büro werden unter den Kollegen geteilt.
Ob Sie nun dem Homeoffice positiv oder negativ gegenüberstehen. Die Arbeitswelt wird sich (nicht nur) infolge der Corona-Krise ändern, das bringt Vorteile, neue Verpflichtungen und auch Nachteile. Das Wichtigste ist nur, aus den sich ändernden Voraussetzungen das Beste zu machen!